Drei mächtige Tools, um Veränderung im Unternehmen umzusetzen

Veränderungen in Unternehmen in Gang zu bringen und zu etablieren ist eine große Herausforderung. Zwar stößt man häufig auf das allgemeine Verständnis, und Mitarbeitende stimmen zu, dass man etwas verändern muss - doch bitte nicht bei ihnen: nicht bei sich, nicht in ihren Abteilungen, nicht in ihren Prozessen. Dieses Phänomen ist auch unter dem Akronym NIMBY bekannt und beschreibt, dass etwas woanders aber nicht im eigenen Umfeld geschehen soll. Gleichzeitig steht die Medienbranche vor einer Transformation, um die kein Medienhaus inklusive seiner Abteilungen, seiner Prozesse und seiner Mitarbeitenden drum herumkommt. Sinkende Verkaufszahlen im Printbereich, steigende Konkurrenz bei digitalen Angeboten und immer mehr multifunktionale Player auf dem Medienmarkt zwingen zu Veränderung. So denkt der Streaminganbieter Netflix zum Beispiel darüber nach, Gamingangebote mit ins Portfolio zu nehmen. Der ehemalige DVD-Verleih ist ein Paradebeispiel für Veränderung. Die Grundidee war es, DVDs zu den Kunden nach Hause zu schicken statt in einer Videothek anzubieten. Der nächste Schritt war es Serien zu streamen, gefolgt von Filmen. Und nun kommt ein Gamingangebot dazu. Warum klappt die Transformation bei Netflix besser als in Medienhäusern im deutschsprachigen Raum? Sicherlich nicht, weil alle innovativen Köpfe dieser Welt beim Streaminganbieter arbeiten. Das Media Lab Bayern hat sich intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, warum Innovation scheitert. Die gute Nachricht: In jedem Medienunternehmen gibt es Personen, die tolle Ideen haben und zur wirklichen Transformation bereit sind. Der Knackpunkt liegt vielmehr in der Unternehmenskultur.

Hürden für Innovation

Etablierte Strukturen machen Veränderungen schwer. Denn ein Wandel würde bedeuten, dass mehrere Stellschrauben im Zahnrad neu ausgerichtet werden müssten. Das kann schnell in Arbeit ausarten und der beruhigende Gedanke, bisher klappt doch noch alles, fördert die Lethargie. Um auf das Eingangsbeispiel von Netflix zu verweisen: Hätte Netflix weiterhin DVDs verschickt, dann wäre der Sprung zu einem Gamingangebot inklusive Serien und Filmen zu groß gewesen. Die Unternehmenskultur lässt dort aber Veränderungen zu, die Schritt für Schritt geschehen. Für hiesige Unternehmen könnte das bedeuten, ein Pilotprojekt zu starten. So entsteht ein überschaubarer Raum, um neue Dinge auszuprobieren. Wichtig ist, dass bei diesem Projekt alle Hierarchieebenen vertreten sind und auch abteilungsübergreifend gearbeitet wird. Nur so können Ansätze entstehen, die ernst genommen werden und das ganze Unternehmen weiterbringen. Wie die interdisziplinäre Zusammenarbeit am besten funktioniert, testet das Media Lab gerade mit dem Media Company Fellowship aus. Zwei Medienhäuser (pd next und das Michaelsbund) nehmen daran teil und probieren das Gelernte direkt in ihrem Praxisumfeld aus.

Mentale Herausforderungen

Menschen lieben Stetigkeit. Veränderung zwingt jeden und jede dazu, den Status quo zu hinterfragen und neu zu denken. So kommt das bisherige Bild ins Wanken und es entstehen kognitive Dissonanzen. Es ist natürlich, dass die meisten dann erstmal auf Abwehr schalten und versuchen, das eigene Bild wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Ablehnung bei Veränderungsprozessen ist ein Aspekt im Prozess des Wandels. Das kann sich in verschiedenen Formen zeigen: Die aktivste Form ist der lautstarke Protest, im Passiven zeigt sich das als Ignoranz oder in Form von Fehlzeiten. Aber auch die Dinge ins Lächerliche zu ziehen ist eine häufige Reaktion des Umfeldes auf Veränderung. Wer Veränderung durchsetzen möchte, braucht einen langen Atem und ein dickes Fell.

Doch was können Mitarbeitende, die etwas verändern möchten, tun, um die Kolleg:innen im Unternehmen zu überzeugen? Der erste Punkt ist zu verstehen, dass Veränderung Zeit braucht. Der zweite Punkt ist Veränderung strategisch zu verfolgen. Eine tolle Idee in der Führungsetage einfach so vorzustellen führt selten zum Erfolg. Vielmehr muss man die Führungsebene und die ganze Belegschaft überzeugen. Das passiert Stück für Stück. Sehr gut lässt sich das am Kotter Change Modell darstellen.

Acht Stufen zum Wandel

Das Kotter Change Modell definiert acht Stufen, damit Veränderung nachhaltig und erfolgreich im Unternehmen umgesetzt werden kann. Obwohl es das Modell bereits 25 Jahre gibt, ist dessen Relevanz heute noch sehr hoch und aktuell.

1. Ein Gefühl der Dringlichkeit erzeugen
Mit Dringlichkeit ist nicht gemeint, die Angst im Unternehmen zu schüren. Vielmehr sollten die Möglichkeiten und Chancen aufgezeigt werden. Ein typisches Beispiel wäre: Wenn wir Recruiting über Social Media versuchen, dann sprechen wir nicht nur eine jüngere Zielgruppe an, sondern können gleichzeitig auch uns als modernes Unternehmen positionieren und haben durch die Ad-Manager einen besseren Überblick über den Return on Invest. Das klingt wesentlich attraktiver, als “Über die herkömmlichen Wege kriegen wir nie junges Personal ins Haus”.

2. Eine Führungskoalition aufbauen
Eine optimale Koalition besteht aus Mitarbeitenden aller Hierarchiestufe und repräsentiert das ganze Unternehmen. In der Realität ist solch eine Heterogenität selten anzutreffen. Eine Führungskoalition sollte zu Beginn allerdings immer aus den Menschen bestehen, die den Wandel unterstützen. Man könnte sie als “Allianz der Willigen” beschreiben. Eine Stakeholder Matrix zeigt, wer die Führungskoalition unterstützt oder in einer erweiterten Allianz hilfreich ist.

3. Eine Vision des Wandels aufbauen
Fragt man Menschen nach ihrem Ziel, kommt häufig eine Antwort - fragt man nach der Vision, wird es still. Wandel und Veränderung verkaufen Changemaker durch eine Vision. Das gilt für die Belegschaft und insbesondere auch für die Führungsetage. Das Ziel kann lauten ein neues CRM-System einzuführen. Die Vision dazu könnte sein, als Unternehmen so kundenzentriert zu arbeiten, dass nur Produkte entstehen, die den Bedürfnissen der Kund:innen entsprechen und dass das Unternehmen dadurch erfolgreicher wird.

4. Die Vision des Wandels kommunizieren
Diese Vision muss über alle internen Kanäle gestreut werden und sich wie ein roter Faden durch das Unternehmen ziehen. Insbesondere die Führungskoalition muss die Vision leben und so als gutes Beispiel vorangehen.

5. Hindernisse überwinden
Hindernisse können verschiedenartig sein. Ein großer Faktor dabei sind fehlende Informationen. Daher ist es wichtig dafür zu sorgen, dass Informationen vorhanden und verfügbar sind. Das kann durch wiederkehrende Town Halls, Arbeitskreise oder das Intranet geschehen. Auch ein regelmäßiger Newsletter, der über den neuesten Stand informiert, ist denkbar.

Eine andere Art von Hindernis sind etablierte Strukturen. Diese aufzubrechen ist schwierig und mit viel Widerstand verbunden. Je nach Situation kann es strategisch besser sein, das Neue als Pilotprojekt zu kommunizieren. So wird indirekt die Angst vor einer dauerhaften Veränderung beim Gegenüber eingebremst, da ein Pilotprojekt mit einer zeitlichen Begrenzung verbunden ist.

6. Kurzfristige Ziele setzen
Das Erreichen von Zielen motiviert und nimmt Kritiker:innen den Wind aus den Segeln. Wenn kurzfristige Ziele erreicht wurden, dann bitte nicht nur abhaken, sondern ausgiebig feiern. Das setzt ein Zeichen und gibt positive Impulse für das weitere Vorhaben.

7. Erfolge stabilisieren und Handlungen daraus ableiten
Aus den kurzfristigen Zielen lassen sich mehr Glaubwürdigkeit und Prestige für das Projekt gewinnen. Das ist ein guter Zeitpunkt, um weitere wichtige Personen in die Koalition zu holen. Denn wer will nicht zum Gewinner-Team gehören?

8. Veränderung in der Unternehmenskultur verankern
Um Innovationen zu verankern, muss weiterhin regelmäßig kommuniziert werden, welche Erfolge erreicht wurden und wohin die Reise geht. Nach und nach dringt so das neue Mindset in die Unternehmenskultur ein. Um das Beispiel in Punkt 3 weiterzuführen: Selbst wenn das CRM-System implementiert ist, sollte weiterhin kommuniziert werden, was seitdem leichter fällt oder wie zufrieden die Kund:innen sind. Weiterlesen