Von Blinden lernen

Glücklicher Zufall. In meiner Kindergartenzeit hatte ich ein besonderes Glück: In der Nachbarschaft löste man den Kindergarten für behinderte Menschen auf und die Kinder wurden auf die angrenzenden Kindergärten verteilt. In meine Gruppe kam der blinde, fünfjährige Kadir.

Wir Kinder waren alle superaufgeregt und begrüßten das neue Mitglied. Ein weiteres Kind zum Spielen, was gibt es Besseres! Mit vier oder fünf Jahren verschwendete ich keinen Gedanken daran, was Kadir konnte beziehungsweise nicht konnte.

Unser Lieblingsspiel. Wir spielten in der Gruppe häufig eine Art Memory. Es gab ein Kärtchen, auf dem ein Igel war; die restlichen Tiere waren, wie im Memory üblich, doppelt vorhanden. Ziel des Spieles war es, den Igel zu finden. Sobald man ein Tierpaar aufgedeckt hatte, wurde es aus dem Spiel genommen und die Wahrscheinlichkeit, den Igel zu finden, stieg.

Wir wollten es ständig spielen – und Kadir sollte bei diesem tollen Spiel mit dabei sein. Für uns Kinder war es keine Option, ihn auszuschließen. Also entwickelten wir eine „super“ Lösung: Ein Kind nagte die Ecke der Igelkarte an, sodass Kadir sie auch erkennen konnte. Was wir nicht bedacht hatten: Nun konnte jeder sofort die Spielkarte identifizieren. Uns war das dann aber egal – wir taten einfach so, als ob wir es nicht sehen würden, und waren happy, dass Kadir mitspielen konnte. Den ganzen Beitrag lesen.