Sensibilisierung gegen Diskriminierung von Kindesbeinen an

Wer nun sagt, in den USA ist alles anders - der irrt. Der Test wurde inzwischen weltweit wiederholt. Auch in Europa zeigte sich, dass Schwarze Kinder die negativ konnotierten Aspekte in sich tragen: 

Die Stadtbibliothek in Augsburg hat einen QR-Code eingeführt. Dieser befindet sich auf der Rückseite von Büchern mit stereotypischen, diskriminierenden oder rassistischen Darstellungen in Kinderbüchern. Scannt man den Code, erscheint eine Einordnung des Buches, und es wird erklärt, warum bestimmte Inhalte der Bücher diskriminierend sind. Das Ganze nennt sich Diversity Check. Ich finde diesen Weg zu beschreiten sehr gut und konstruktiv. Denn dadurch wird ein Diskurs angestoßen und sich mit Sprache und Worten auseinandergesetzt.

Genau richtig statt übertrieben

Einige werden sich nun fragen, muss das denn sein? Die simple Antwort darauf lautet JA! Denn Kinderbücher prägen uns von klein auf - nicht nur kognitiv, sondern auch emotional. In den vergangenen Jahren ging immer wieder ein Aufschrei durchs Land, sobald ein Buchinhalt verändert wurde. So zum Beispiel, als im Buch Pippi Langstrumpf das “N-Wort” gestrichen und durch den “Südseekönig” ersetzt wurde. Der emotionale Trigger ist gesetzt. Denn wenn sich Leute so über die Substitution eines Wortes aufregen, dann wird deutlich sichtbar, welch große Rolle Kinderbücher für uns Menschen spielen. Und deshalb gilt das für alle Menschen - auch für People of Color bzw. Children of Color! Als Kind der Nicht-Mehrheitsgesellschaft kommen diese Geschichten und die damit verknüpften Emotionen ebenfalls an. Selbst wenn einem kleinen Kind die Beleidigung noch nicht aktiv bewusst wäre (ich schreibe bewusst im Konjunktiv!), so begegnet einem die Prägung spätestens nach einige Zeit wieder. Denn durch die Verharmlosung von bestimmten Worten oder stereotypischen Darstellungen, werden Worte und Narrative im allgemeinen Diskurs gebräuchlich. Heranwachsende gehen dann von Anfang an davon aus, dass zum Beispiel das Wort N-König in Ordnung sei - und das ist es nicht!

Narrative in unserem Kopf 

Es geht aber auch um Narrative. Im Buch Jim Knopf wird beispielsweise behauptet, dass dieser sich nicht waschen brauche, weil man den Schmutz sowieso nicht sehe. Schwarze Menschen werden so mit Aspekten wie unhygienisch und schmutzig verbunden. Diese Narrative werden unbewusst gespeist und am Ende muss man sich nicht wundern, wenn ein Kind über den Schulhof schreit: “Du dreckiger N*!” Das klingt nun heftig, ist allerdings Realität! Zu behaupten, es gäbe keine Diskriminierung oder Wirkung von Narrativen auf unser Verhalten und unsere Weltanschauung, wäre naiv. Das sollte einem schon der Menschenverstand sagen. Und wenn das nicht der Fall ist, dann sollte man wenigstens der Wissenschaft vertrauen.

Der Puppen-Test

Einer der berühmtesten Tests ist der sogenannte Doll-Test. Ursprünglich wurde dieser in den 40 Jahren von dem Psychologenehepaar Kenneth und Mamie Clark in den USA durchgeführt. Schwarze Kinder im Alter von drei bis sieben Jahren wurden mit insgesamt vier Puppen konfrontiert. Das einzige Merkmal, welches die Puppen voneinander unterschied, war die Hautfarbe: weiß oder Schwarz. Grundsätzlich wurden die weißen Puppen mit positiven Eigenschaften verbunden, den Schwarzen negative Aspekte zugeschrieben. Die Kinder wurden beispielsweise befragt, welche Puppe böse sein. Es war die Schwarze. Dr. Kenneth Clark war einer der durchführenden Wissenschaftler. Im Interview erklärt er seine Einsichten und geht auch darauf ein, welche Rolle Aufklärung und Eltern spielen können:

 

Aufklärung statt Verbot

Es ist also unbestreitbar, was unbewusste und bewusste Narrative mit uns machen. Die Stadtbibliothek Augsburg schlägt genau in diese Kerbe und setzt sich mit ihrem Aspekt der Aufklärung konstruktiv für weniger Diskriminierung und mehr Diversität ein. Die Bücher aus dem Sortiment zu nehmen, wäre aus meiner Sicht ein symbolisches Zeichen mit wenig nachhaltigem Impact, da die Bücher dann woanders erworben und unreflektiert konsumiert werden würden. So setzen sich die Ausleihenden mit diesem Thema auseinander und werden so gegen (versteckte) Diskriminierung sensibilisiert. Ich hoffe, dass es der QR-Code bald auch auf die Vorderseite des Buches schafft und dass sich viele Einrichtungen daran ein Beispiel nehmen.

 

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