Bist du schizophren?

Twitter Tatort

Kürzlich schaute ich die Tatortfolge „Damian“ (Erstausstrahlung 23.12.2018).  Der eigentliche Mordfall war nur Nebensache. Der Fokus lag auf einem jungen Mann, der psychisch erkrankt war. So richtig wurde das erst im letzten Drittel der Folge klar. Einigen Zuschauern auch erst am Ende, oder gar nicht.

Ich verfolge den Tatort gern auf Twitter. Ich mag die Kommentare der Community und die lustigen Anmerkungen zu Musik, Dialogen oder der Kulisse. Einige Kommentare haben mich allerdings traurig gestimmt: „Was war denn das für ein Käse?“, „was für eine Zeitverschwendung“ oder „was für ein non-sense Tatort“ war zu lesen. Egal, ob Betroffener oder Angehöriger - für beide ist es leichter wegzuschauen. Umso wichtiger ist es, dass das Umfeld, die Gemeinschaft und auch die Gesellschaft hinschauen.

Depression Infografik Schizophrenie psychische Erkrankungen

Psychische Erkrankungen

Das Thema Depression ist inzwischen medial vertreten und die Erkrankung erfährt eine gewisse Relevanz. Zwar ist sie noch stigmatisiert aber Aufklärungskampagnen und die verwandte Begrifflichkeit „burn out“ haben den Weg bereits geebnet. 

Jeder 100. ist betroffen

Der Darsteller im Tatort litt schätzungsweise unter einer Schizophrenie. Die Bundespsychotherapeutenkammer schreibt auf ihrer Webseite: „Einer von 100 Erwachsenen erkrankt in seinem Leben an einer Schizophrenie“. In Deutschland leben circa 800 000 Menschen mit einer schizophrenen Erkrankung. Beim Stichwort Schizophrenie assoziieren einige Dr. Jeckll and Mr. Hyde. Dabei beschreibt das Buch bzw. der Film eher eine multiple Persönlichkeit – was etwas ganz anderes ist.

Zeit, zu handeln

Die Zahlen zeigen: die Wahrscheinlichkeit, dass wir im Leben an einer Schizophrenie erkranken oder jemanden treffen, der darunter leidet ist wahrscheinlich. Mit diesem Wissen haben wir schon heute die Möglichkeit uns Gedanken zu machen, wie wir damit umgehen werden.

Im Netz gibt es Anlaufstellen für Betroffene und auch Selbsthilfegruppen für Angehörige. Denn nicht nur der Erkrankte leidet, Angehörige leben in sogenannten Co-Abhängigkeiten.

Für den Weg zu einer Therapie, sind mehrere Komponenten wichtig: Der Betroffene muss seine Krankheit erkennen, und zum Handeln bereit sein. Angehörige unterstützen den Betroffenen, dürfen ihr Leben aber gleichzeitig nicht aufgeben. Das ist eine große Herausforderung. Daher empfiehlt es sich immer fachmännischen Rat einzuholen.

Und außerdem gilt: ist eine Erkrankung akut - immer den Arzt verständigen. Eine schwere Depression birgt eine Suizidgefahr und ein akuter schizophrener Schub ist sehr gefährlich. Bei einer multiplen Persönlichkeit (auch dissoziative Identitätsstörung genannt) ist immer ein Arzt hinzuzuziehen.

 


Es braucht alle

Ich habe in meinem privaten Umfeld bereits eine Person kennengelernt, die wie sich später herausstellte unter einer Schizophrenie litt. Obwohl ich eine medizinische Ausbildung habe, habe ich die Erkrankung nicht gleich erkannt. Aber ich wusste, irgendwas stimmt nicht. Ich habe das Gespräch gesucht. Zwar konnte ich damals nicht genug erreichen, aber ein waches Umfeld trug letzten Endes dazu bei, dass die Geschichte gut ausging. Dieses Umfeld bestand aus Freunden, der Familie aber auch aus einem verantwortungsbewussten Arbeitgeber. 

Selbst wenn die Umsetzung des Tatorts ausbaufähig war – „non-sense“ war es sicherlich nicht. Gerade der verwirrende Aufbau oder das manchmal schwer Greifbare haben die psychische Erkrankung widergespiegelt. Aus meiner Sicht hat das öffentlich-rechtliche Fernsehen einen wichtigen Beitrag geleistet. Denn es braucht alle!

 

Wer mehr zur Tatortfolge erfahren möchte, am besten gucken! Lesen geht aber auch, zum Beispiel hier: wiewarderTatort.de